Infos zur Muschelseide

Infos zur Muschelseide 

Muschelseide ist ein Gewebe, das die Menschen schon lange fasziniert. Die Geschichte der Muschelseide reicht bis in die Antike zurück und ist umrankt von zahlreichen Mythen und Legenden. Muschelseide kommt aus dem Meer, glänzt golden und gehört zu den seltensten und kostbarsten Stoffen überhaupt.  

In der Textilgeschichte spielt die Muschelseide eine nur sehr kleine Rolle. Auch wenn Muschelseide schon seit der Antike immer wieder in der Literatur auftaucht, war sie bis vor kurzem kaum erforscht. 

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Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein waren Sardinien und das in Apulien gelegene Tarent die beiden Zentren der Gewinnung und Verarbeitung von Muschelseide. Auch heute noch spielen sie eine große Rolle, wenn es darum geht, das Wissen um das alte Handwerk am Leben zu erhalten und weiterzugeben.

Das Handwerk selbst ist jedoch nahezu ausgestorben, was daran liegt, dass die Steckmuschel als Lieferant von Muschelseide mittlerweile unter Naturschutz steht.

 

Als Muschelseide oder auch Meerseide wird der gereinigte, gekämmte und zu Textilien verarbeitete Faserbart der Edlen Steckmuschel bezeichnet:

 

Zoologisch heißt dieser Faserbart Byssus und in diesem Sinne wird der Begriff erstmals 1555 in dem Buch über die Fische des Meeres von dem Naturforscher Guillaume Rondelet verwendet. Zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen kam es im Laufe der Geschichte aber dadurch, dass das ältere lateinische Wort Byssus eine andere Bedeutung hat.

Der lateinische Begriff leitet sich vom hebräischen Bū ab und steht für feines Leinen. Schon in der Antike und hier insbesondere in der Bibel wurde die Bedeutung des Begriffs erweitert und wenn von Byssus gesprochen wurde, so waren damit feinste, kostbare Textilien gemeint, unabhängig von dem Material, aus dem sie bestanden.


Ein weiterer Fehler führte dazu, dass vielfach Aristoteles genannt wird, wenn es um die Entdeckung der Muschelseide geht. Dieser Fehler resultiert aus einer fehlerhaften Übersetzung aus dem 15. Jahrhundert. In einem seiner Werke beschreibt Aristoteles die Steckmuschel als solches. Zu den Haftfäden äußert er sich jedoch nicht, so dass es letztlich keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Aristoteles die Muschelseide gekannt hat.

Zu erklären ist der Fehler damit, dass im Griechischen das Wort βύσσος sowohl für die Steckmuschel als auch für die Muschelseide verwendet wird, nur ist das Wort einmal männlich und die zweite Silbe wird betont und einmal weiblich mit Betonung auf der ersten Silbe. 

 

Lieferant für Muschelseide ist die Edle Steckmuschel,
die ausschließlich im Mittelmeer lebt und
eine Größe von bis zu 120cm erreichen kann:

Der Faserbart besteht aus feinen, reißfesten Fasern mit glatter Oberfläche, die die Muschel durch die Byssusdrüse bildet. Die Byssusdrüse befindet sich am etwa 9cm langen, beweglichen Fuß der Muschel. Wenn die Fasern gebildet werden, formt sich der Fuß zu einem Kanal und ein Eiweiß-Sekret, das in der Byssusdrüse gebildet wurde, fließt hindurch.

Mithilfe der Fußspitze wird das Sekret dann auf eine Unterlage geleitet, meist handelt es sich dabei um Sand, Steine oder die Wurzeln von Seegras. Durch den Kontakt mit dem Wasser härtet das Sekret aus und die kostbare Byssusfaser entsteht. Anders als andere Fasern, beispielsweise die, die die Miesmuschel bildet, enden die Byssusfäden der Edlen Steckmuschel mit fächerförmigen und nicht mit plättchenförmigen Haftstellen.

Die Fasern sind bis zu 20cm lang und bilden das Rohmaterial für die Muschelseide. In gereinigtem Zustand glänzen die Fasern golden, wobei die Farbplatte von Bronze- bis hin zu Olivtönen reicht. Die Fasern sind sehr dünn, haltbar und extrem reißfest und erinnern damit ein wenig an moderne Nylonfäden. Sind die Fasern zu Muschelseide verarbeitet, ist es mit bloßem Auge kaum möglich, Muschelseide von Maulbeerseide zu unterscheiden.

Unter dem Mikroskop wird jedoch der elliptische Querschnitt von Byssus sichtbar, den es in dieser Form bei keiner anderen Naturfaser gibt.

 

Die Geschichte der Muschelseide  

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In der Antike gehörte die Muschelseide zu den wertvollsten, edelsten und begehrtesten Textilien überhaupt. Dies lag neben der aufwändigen Gewinnung zum einen an der enormen Haltbarkeit und zum anderen daran, dass Muschelseide deutlich feiner ist als die ohnehin schon sehr feine normale Seide. Im Mittelalter genossen Textilien aus Muschelseide unter hohen Würdenträgern der Kirche und im Hochadel höchstes Ansehen.

Zu den bekanntesten Textilien aus Muschelseide gehört der Schleier von Manoppello, auf dem nach Meinung der römisch-katholischen Kirche das Gesicht Jesu Christi zu sehen ist. Ob dies tatsächlich stimmt, konnte nie bewiesen werden, weil die Kirche keine Untersuchung erlaubt. Fest steht aber, dass der Schleier aus Muschelseide besteht.

 

Der Schleier ist nicht gefärbt oder bemalt und auch alle anderen Objekte aus Muschelseide, die bis heute gefunden wurden, bestehen aus ungefärbter oder lediglich aufgehellter Muschelseide. Ob die kostbare Muschelseide aufgrund ihres goldfarbenen Glanzes nicht gefärbt wurde oder ob es nicht möglich ist, Muschelseide zu färben, konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden.

 

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