Kompakte Übersicht zu Seidenstoffen und Webarten, Teil 1
Neben Baumwolle, Leinen und Wolle gehört Seide zu den beliebtesten Naturstoffen. Denn Seide ist wunderbar zart, fließt weich und umschmeichelt die Haut. Außerdem ist Seide enorm reißfest, gleicht Temperaturen aus und kann viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich klamm oder gar nass anzufühlen. Allerdings ist Seide nicht gleich Seide. Vielmehr gibt es die edle Naturfaser in vielen verschiedenen Qualitäten.
Gleichzeitig werden oft Seidenstoffe und Webarten miteinander verwechselt. Wir haben deshalb eine kompakte Übersicht erstellt, in der wir die gängigsten Bezeichnungen erklären.
Hier ist Teil 1!:
Inhalt
Acetatseide
Auch wenn Acetatseide echter Seide optisch sehr ähnelt, handelt es sich nicht um einen natürlichen Stoff. Tatsächlich hat Acetatseide gar nichts mit echter Seide zu tun. Acetatseide besteht nämlich aus Cellulose und Essigsäure.
Um den Stoff herzustellen, werden zuerst Holzfasern mit Essigsäure in Aceton gelöst. Bei diesem Vorgang, der im Fachjargon verestern heißt, entsteht Celluloseacetat. Anschließend wird das Celluloseacetat durch feinste Spinndüsen gezogen. Das Garn wird schließlich zu Acetatseide verarbeitet.
Mit einem Schmelzpunkt von rund 210 Grad Celsius ist Acetatseide nicht besonders hitzebeständig. Schon das Bügeln bei eher geringen Temperaturen kann dazu führen, dass sich der Stoff verzieht oder hart wird.
Bouretteseide
Bouretteseide wird aus den ausgekämmten Fasern von Haspel- und Schappeseide sowie aus Kokonresten hergestellt. Diese Zusammensetzung macht Bouretteseide aber nicht zu einem minderwertigen Produkt.
Ganz im Gegenteil, sorgen gerade die recht kurzen Seidenfäden und die eingewebten Kokonreste dafür, dass Bouretteseide ihre typische, von kleinen Noppen durchzogene und gleichzeitig äußert weiche Oberflächenstruktur erhält.
Eine weitere Besonderheit ist, dass der Seidenleim nicht ganz entfernt werden kann. Dadurch hat Bouretteseide nicht nur einen charakteristischen, angenehmen Geruch. Stattdessen wirkt der Stoff auch antibakteriell, hemmt Entzündungen und beruhigt die Haut. Bouretteseide ist blickdicht, robust, sehr saugfähig und formstabil.
Wegen der genannten Eigenschaften wird Bouretteseide gerne für Babykleidung, Windeln, Kleidungsstücke für Allergiker, Bettdecken und Kissen verwendet. Die meiste Bouretteseide kommt aus China und Indien, wobei chinesische Bouretteseide weicher und glatter ist als indische.
Chiffon
Der Begriff Chiffon steht nicht für einen Seidenstoff, sondern für eine Webart. Deshalb sagt allein die Bezeichnung Chiffon noch nichts darüber aus, ob der Stoff aus Seide besteht. Vielmehr kann ein Chiffonstoff genauso gut aus deutlich kostengünstigeren Kunstfasern wie zum Beispiel Polyester gefertigt sein. Wichtig ist also, einen Blick auf das Etikett zu werfen.
Chiffon ist ein sehr leichtes, weiches und zartes Gewebe. Es wird gefertigt, indem Garne, die stark und in wechselnden Richtungen gedreht sind, in einer sehr lockeren Leinwandbindung miteinander verwoben werden.
Weil Chiffon dadurch luftig-leicht und transparent ist, wird der Stoff hauptsächlich für Tücher und Schals, Strandmode, transparente Kleidungsstücke und auch Schleier verwendet. Als Futterstoff für Röcke und Kleider eignet sich Chiffon hingegen kaum, denn dafür fehlt dem Stoff der Stand.
Außerdem haben viele Chiffonstoffe helle, pastellige Farben. Das liegt daran, dass das feine Gewebe nur wenig Farbe aufnehmen kann.
Crêpe de Chine
Crêpe de Chine gilt als die Königin der Seidenstoffe. Das Besondere an dem Stoff ist, dass er eine glatte, glänzende Oberseite und eine samtige, matte Unterseite hat. Hergestellt wird der Seidenstoff in Taftbindung, wobei die Schussfäden aus stark überdrehten Garnen bestehen. Dadurch ergibt sich die leicht gekräuselte Oberfläche, die für Kreppgewebe typisch ist.
Seide aus Crêpe de Chine ist blickdicht, warm, sehr weich und fließt wunderschön. Das Gewebe knittert nicht und kann dank der dichten Webart viel Farbe aufnehmen. Deshalb ist der Seidenstoff auch in sehr kräftigen Farben erhältlich.
Die raue Unterseite bewirkt, dass der Stoff weniger verrutscht und sich besser drapieren lässt als andere Seidenstoffe. Crêpe de Chine wird gerne für Abendmode, Nachtwäsche und edle Accessoires wie Schals und Tücher verwendet.
Eisseide
Eisseide, oder auch Ice Silk genannt, besteht ausschließlich aus Kunstfasern. Der Name ist eine findige Idee aus dem Marketing und soll die weniger wohlklingende Bezeichnung Kunstseide ersetzen. Der Stoff ist üblicherweise glatt, glänzend und fühlt sich anfangs auf der Haut schön kühl an. So erklärt sich das Eis im Namen.
Dass Eisseide rein aus Kunstfasern besteht, muss nicht unbedingt schlecht sein. Es gibt hochwertige Materialien, in die kleine Kammern eingearbeitet sind.
Dadurch sind die Stoffe atmungsaktiv, absorbieren die Feuchtigkeit und kühlen angenehm. Gerade im Bereich der Sport- und Funktionskleidung können solche Gewebe ihre Stärken haben. Nur reicht Eisseide eben qualitativ nicht an echte Seide heran.
Flockseide
Bevor ein Seidenkokon abgewickelt wird, wird er abgebürstet, um ihn auf diese Weise zu reinigen. Bei diesem Abbürsten fallen kurze Fasern an, ähnlich wie Flocken. Für Flockseide werden die kurzen Seidenfasern verarbeitet.
Flockseide ist eine vergleichsweise kostengünstige Seide, die überwiegend für Isolierungen, Wärmedämmungen, als Schallschutz und im Automobilbau zum Einsatz kommt. Als Seidenstoff für Kleidung und Heimtextilien wird Flockseide eher selten genutzt.
Georgette
Crêpe Georgette oder nur kurz Georgette ist eine Webart für Seidenstoffe. Dabei wird Georgette oft mit Chiffon verwechselt, weil sich die Gewebe optisch ähneln. Allerdings ist Georgette deutlich griffiger. Außerdem ist Georgette voluminöser, hat einen besseren Stand und ist etwas blickdichter.
Seide aus Crêpe Georgette besteht aus je zwei Garnen in Kette und Schuss, die in unterschiedlichen Richtungen gedreht sind und in einer Leinwandbindung miteinander verwoben werden.
Verwendet wird der Seidenstoff für Schals und Tücher, aber häufig auch als Futter- und Unterstoff bei edlen Roben.
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