Gibt es vegane Seide?

Gibt es vegane Seide?

Bereits seit Jahrtausenden steht Seide für Reichtum und Luxus. Vor rund 5.000 Jahren wurde der kostbare Stoff erstmals in China hergestellt und lange Zeit blieb die Produktion ein gut behütetes Geheimnis. Dadurch wurde Seide umso begehrter, auch in Europa. Bis heute ist Seide ein beliebter Stoff. Denn sie ist wunderbar weich und fühlt sich auf der Haut sehr angenehm an.

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Gibt es vegane Seide

Durch den fließenden Fall und den sanften Glanz verkörpert Seide außerdem Eleganz. Allerdings besteht Seide aus tierischen Fasern. Mit Blick auf das Tierwohl, den Umweltschutz und die Nachhaltigkeit sind viele Modefans auf der Suche nach veganen Alternativen.

Doch gibt es überhaupt nachhaltige und vegane Seide? Sind tier- und umweltfreundliche Seidenstoffe erhältlich?:

Die Herstellung von Seide

Seide stammt vom Seidenspinner, auch Maulbeerspinner genannt. Er legt bis zu 800 Eier, aus denen Raupen schlüpfen. Wie alle Falter futtern sich die Raupen voll und verpuppen sich, um sich zum Schmetterling weiterzuentwickeln. Dabei spinnen sie ihre Kokons aus einer endlosen Proteinfaser mit Leim, die sie in kleinen Drüsen in ihrem Mund produzieren.

Normalerweise würden die Puppen nach zweieinhalb Wochen Löcher in ihre Kokons beißen und als Nachtfalter schlüpfen. Allerdings greift die Seidenproduktion an dieser Stelle ein und unterbricht die natürliche Verwandlung.

Nach zehn Tagen werden die Kokons nämlich eingesammelt und in kochendes Wasser gegeben oder heißem Wasserdampf ausgesetzt. Dadurch löst sich der Leim und der feine, lange Seidenfaden kann abgewickelt werden.

Das Abkochen bringt es mit sich, dass die Seidenspinner in den Kokons absterben. Wären die Tiere schon geschlüpft, wären die Kokons beschädigt und die Seidenfäden dadurch nicht mehr an einem Stück. Dies würde die Qualität der Seide herabsetzen und ihren Handelswert senken.

Aus diesem Grund entschied sich die Seidenherstellung für das Abkochen. Die abgewickelten Seidenfäden werden gereinigt, zu Garnen verwoben, eventuell gefärbt und anschließend zu Stoffen oder in Kosmetikprodukten verarbeitet.

Auch die Zucht der Seidenspinner hat Schattenseiten. Weil sich Seidenspinner von den Blättern des Maulbeerbaumes ernähren, werden entsprechend viele dieser Bäume angepflanzt. Das verbraucht einerseits Nutzfläche und andererseits sehr viel Wasser.

Außerdem müssen die Bäume oft mit Pestiziden behandelt werden, was der Umwelt und auch den Seidenspinnern schadet.

Für eine wirtschaftliche Nutzung wurden die Seidenraupen im Laufe der Zeit auf Hochleistung gezüchtet. In der freien Natur würden sie kaum überleben. Das liegt unter anderem daran, dass sie auf Temperaturschwankungen äußerst empfindlich reagieren. Um die Tiere besser kontrollieren zu können, wurden sie außerdem so gezüchtet, dass sie nicht mehr fliegen können.

Für ein Gramm Seide müssen ungefähr 15 Tiere getötet werden. Bei einer Jahresproduktion von rund 200.000 Tonnen Seide sterben demnach mehrere Billionen Raupen. Dazu kommen die Raupen, die infolge von oft zuchtbedingten Krankheiten verenden.

Das Schmerzempfinden von wirbellosen Tieren ist bisher kaum erforscht. Es ist zwar bekannt, dass einige Insekten ein Verhalten zeigen, bei dem sie Schmerzen und negativen Reizen ausweichen.

Ebenso ist inzwischen bekannt, dass, anders als lange Zeit vermutet, auch Hummer Schmerzen wahrnehmen und es sehr wohl spüren, wenn sie in kochendes Wasser gegeben werden.

Bei Raupen und Schmetterlingen hingegen gibt es bisher noch keine gesicherten Erkenntnisse, ob und in welchem Umfang sie Schmerz empfinden. Und die im Wasserbad abgekochten Puppen werden nicht alle entsorgt, sondern in einigen asiatischen Ländern gegessen. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack.

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Sojaseide als vegane Alternative

Inzwischen gibt es Seidenarten, die nahezu die gleichen Eigenschaften haben wie klassische Seide und gänzlich ohne tierische Lieferanten auskommen. Ein Beispiel dafür ist Sojaseide.

Bei der Herstellung von Sojaprodukten wie etwa Tofu entsteht als Nebenprodukt Sojaprotein. Dabei handelt es sich um die Eiweiße der Sojabohne, die herausgefiltert und zu Fasern gesponnen werden.

Das Ergebnis ist eine reine Pflanzenfaser, die ähnlich glatt und dezent glänzend ist wie die Seidenfaser. Sojaseide nimmt Feuchtigkeit gut auf, gleicht Temperaturen aus, knittert kaum und kann in der Waschmaschine gewaschen werden. Zudem ist die Herstellung kostengünstiger als bei echter Seide.

Übrigens ist Sojaseide keine neue Erfindung. Schon in den 1940er-Jahren haben Bekleidungstechniker und Textildesigner in den USA mit Sojaproteinen experimentiert.

Und der Unternehmer Henry Ford trug bereits einen Anzug aus Sojaseide. Doch eine kommerzielle Herstellung der natürlichen Pflanzenfaser fand damals noch nicht statt.

Neben Sojaproteinen können auch Agaven-Fasern zu weichen und zarten, seidenartigen Stoffen verarbeitet werden. Ein anderer Ansatz sind biochemische Verfahren, die das Seidenprotein imitieren.

Dabei werden die Eiweiße von Bakterien oder Hefezellen hergestellt, um auf diese Weise die Eigenschaften der tierischen Faser zu kopieren. Das Ergebnis ist ein Seidengarn, das für Kleidung, aber auch zu medizinischen Zwecken und in vielen anderen Bereichen eingesetzt werden kann.

Peace Silk für weniger Tierleid und mehr Umweltschutz

Eine andere Variante von Seide ist Peace Silk, die auch Ahimsa Seide oder gewaltfreie Seide genannt wird. Ahimsa ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet Gewaltlosigkeit. Diese Seide ist nicht vegan, basiert aber auf einem tierfreundlichen Ansatz.

Denn die Entwicklung der Seidenspinner wird nicht unterbrochen. Stattdessen werden die Kokons vom Baum abgepflückt und gut geschützt gelagert, bis die Falter geschlüpft sind. Erst danach werden die Kokons weiterverarbeitet.

Weil die Falter die Kokons beim Schlüpfen durchbeißen, ist die Seide unregelmäßiger und etwas grober als klassische Seide. Die Maulbeerbäume werden nicht mit Pestiziden oder anderen Chemikalien behandelt und die Produktionsbetriebe halten hohe soziale und ökologische Standards ein. Dafür verbürgen sich verschiedene Siegel, mit denen Betriebe zertifiziert werden, die die Kriterien erfüllen.

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Hier schreiben Michael Husmann, Geschäftsinhaber einer B2B Stoffhandel Firma, die Künstlerin Elke Bornholt, mit einem Faible für Seidenmalerei und Bastelarbeiten, Karina Notzko, - Schneidermeisterin, die Youtuberin Sevilart ( Deko, Bastel und Kreativ-Videos) sowie Christian & Ferya Gülcan (Fashionexpertin), - Künstler (Maltechniken) Inhaber Koozal Galerie & Design (auch Import & Handel Seidenwaren), Betreiber der Webseite und Redakteure. Wir möchten alles Wissenswerte rund um Seide, Seidenmalerei und Mode aus Seidenstoffen vermitteln.

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