Eigenschaften und Pflege von Kunstseide, 2. Teil

Eigenschaften und Pflege von Kunstseide, 2. Teil

Kunstseide besteht aus textilen Fasern, die echter Seide sehr ähneln. Cellulosefasern, die natürlichen Ursprungs sind, bilden die Basis und werden mit speziellen, chemischen oder physikalischen Verfahren bearbeitet. Deshalb handelt es sich bei Kunstseide um einen halbsynthetischen Stoff, bei dem die Fasern chemisch gesehen aus Polymerlösungen entstehen. In einem zweiteiligen Beitrag schauen wir uns die Kunstseide einmal näher an.

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Eigenschaften und Pflege von Kunstseide, 2. Teil

Dabei haben wir im 1. Teil die Bezeichnung und die Geschichte der Kunstseide beleuchtet und uns die Eigenschaften von Kunstseide angesehen. Mit Cupro, früher auch Kupferseide genannt, haben wir außerdem eine Kunstseidenart vorgestellt.

Hier ist der 2. Teil!:

Viskose

In der Textilherstellung spielt Viskose eine wichtige Rolle. Aus chemischer Sicht ist Viskose eine Kunstseide, die aus einem zähflüssigen Material namens Cellulose-Xanthogenat besteht. Das Verfahren zur Herstellung von Viskose wurde im Jahr 1891 von den Briten Charles Frederic Cross, Edward John Bevan und Clayton Beadle entwickelt.

Heute ist die Viskose-Herstellung das am weitesten verbreitete Nass-Spinnverfahren. Dabei wird zunächst aus verschiedenen Holzsorten, Baumwollfasern oder einjährigen Faserpflanzen ein chemischer Zellstoff gewonnen.

Im Unterschied zu dem Zellstoff, aus dem Papier produziert wird, hat dieser Zellstoff längere Ketten aus Cellulose-Polymeren. Außerdem weist er eine höhere Reinheit auf.

Um die Spinnlösung herzustellen, werden die Zellstoffbögen in einer wässrigen Natronlauge eingeweicht. Dadurch quillt die Cellulose auf und wandelt sich in Alkalicellulose um.

Nachdem die aufgequollenen und abgepressten Alkalicellulosebögen in feine Partikel zerfasert wurden, wird der Polymerisationsgrad der Cellulose bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit reduziert.

Die vorgereiften Partikel können nun mit Schwefelkohlenstoff verbunden werden. Dadurch entsteht Xanthat, das durch die Zugabe von Natriumhydroxid wieder zu einer viskosen Lösung wird. Dieser Viskose-Lösung verdankt der Stoff seinen Namen.

Die Viskose-Lösung wird gefiltert und reift nach. Anschließend wird sie noch einmal gefiltert und als Spinnlösung in den Spinnkessel eingeleitet. So können aus der Lösung die Filamente gesponnen und danach nachbehandelt und weiterverarbeitet werden.

Werden einzelne Parameter bei der Herstellung und der Nachbehandlung verändert, können die Eigenschaften der Viskosefasern auf den Verarbeitungs- und Verwendungszweck der Kunstseide abgestimmt werden.

Viskose ist weich und hat einen schönen Glanz. Sie knittert kaum, ist widerstandsfähig und pflegeleicht. Außerdem lässt sich Viskose kostengünstig herstellen.

Acetatseide

Die Sammelbezeichnung Cellulose-Acetat-Fasern bündelt Stoffe, die dadurch entstehen, dass Eisessig und Essigsäureanhydrid auf Cellulose einwirken. Celluloseacetat ist ein bio-basierter, thermoplastischer Kunststoff. Gewebe, die aus diesen Fasern hergestellt werden, sind echter Seide sehr ähnlich.

Sie glänzen, knittern wenig und fühlen sich auf der Haut angenehm weich an. Gleichzeitig sind sie robuster und pflegeleichter als natürliche Seide.

Im Jahr 1865 gelang es dem französischen Chemiker Paul Schützenberger erstmals, Cellulose-Acetat-Fasern aus Baumwollfasern und Essigsäureanhydrid zu gewinnen. Die Produktion von Acetatseide startete 1907 in der Kunstseidenfabrik Jülich. Zunächst war Acetatseide aber nur in ungefärbtem Zustand erhältlich.

Erst 1920 entwickelte der Schweizer René Clavel ein Verfahren, durch das es möglich wurde, das Garn einzufärben. Im Folgejahr begann die Massenproduktion von Acetatseide, seinerzeit unter dem Handelsnamen „Celanese“.

Eigenschaften und Pflege von Kunstseide, 2. Teil (1)

Die Pflege von Kunstseide

Kunstseiden wie Viskose und Acetat kommen echter Seide optisch sehr nah und fühlen sich auch ähnlich an. Obwohl die Stoffe weniger empfindlich sind als das Naturmaterial, sollten sie pfleglich behandelt werden.

Viskose zum Beispiel neigt dazu, einzulaufen, wenn sie bei zu hohen Temperaturen gewaschen wird. Außerdem können die Fasern in nassem Zustand schnell reißen.

Bei der Pflege von Kunstseide ist es ratsam, sich an die Hinweise des Herstellers auf dem Pflegeetikett zu halten. Sofern dort nichts anderes steht, können Kleidungsstücke aus Kunstseide in der Waschmaschine gewaschen werden. Oft ist eine Wäsche bei 40 Grad Celsius möglich, schonender ist es aber, die Textilien bei 30 Grad zu waschen.

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Die beste Wahl ist der Schon- oder Feinwaschgang. Damit der Stoff keinen Schaden nimmt, sollte die Wäsche nur kurz und bei höchstens 600 Umdrehungen pro Minute geschleudert werden. Außerdem sollte die Waschtrommel nicht mehr als zu zwei Dritteln befüllt sein.

Reißverschlüsse und Pailletten oder andere Verzierungen können den Stoff ebenfalls beschädigen. Deshalb ist ratsam, Klett- und Reißverschlüsse immer zu schließen und Teile mit Verzierungen separat zu waschen. Eine andere Möglichkeit ist, die Wäschestücke in ein Wäschenetz zu geben.

Neben der Temperatur spielt auch das Waschmittel eine wichtige Rolle. Ähnlich wie bei Naturseide sollte für Kunstseide ein flüssiges Waschmittel verwendet werden. Waschmittel in Pulverform können sich in den feinen Fasern festsetzen. Der Stoff wirkt dadurch stumpf und matt. Weichspüler ist für die ohnehin schon weiche Kunstseide nicht notwendig.

Sollte ein Kleidungsstück eingelaufen sein, hilft es, das Kleidungsstück noch einmal bei niedriger Temperatur zu waschen oder in Wasser mit wenig Waschmittel einzulegen.

Die erneute Wäsche lockert die Fasern. Danach kann das Kleidungsstück in feuchtem Zustand vorsichtig in Form gezogen werden.

Im Trockner hat Kunstseide grundsätzlich nichts verloren. Denn durch die Hitze würden sich die Fasern zusammenziehen und das Kleidungsstück einlaufen. Damit die Fasern nicht knittern, die Kleidungsstücke am besten feucht auf einen Kleiderbügel hängen, behutsam glatt ziehen und trocknen lassen.

Soll Kunstseide gebügelt werden, klappt das am besten, wenn der Stoff noch leicht feucht ist. Das Bügeleisen auf die zweite Stufe stellen und den Stoff mit einem feuchten Tuch abdecken.

Bei einigen Textilien aus Kunstseide ist noch mehr Vorsicht geboten. Soll zum Beispiel ein Schal aus leichter und sehr feiner Viskose lange schön bleiben, sollte er nur von Hand in kaltem Wasser gewaschen und im Liegen getrocknet werden.

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Hier schreiben Michael Husmann, Geschäftsinhaber einer B2B Stoffhandel Firma, die Künstlerin Elke Bornholt, mit einem Faible für Seidenmalerei und Bastelarbeiten, Karina Notzko, - Schneidermeisterin, die Youtuberin Sevilart ( Deko, Bastel und Kreativ-Videos) sowie Christian & Ferya Gülcan (Fashionexpertin), - Künstler (Maltechniken) Inhaber Koozal Galerie & Design (auch Import & Handel Seidenwaren), Betreiber der Webseite und Redakteure. Wir möchten alles Wissenswerte rund um Seide, Seidenmalerei und Mode aus Seidenstoffen vermitteln.

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