Die wichtigsten Merkmale von natürlichen und synthetischen Textilfasern, 2. Teil
Ob für Kleidung, Decken, Seile, Körbe oder andere Dinge: Natürliche Textilfasern nutzten schon unsere Vorfahren in der Steinzeit. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden dann die ersten Kunstfasern als Alternativen. Dabei hat jede Faser, egal ob natürlich oder synthetisch, ihre besonderen Eigenschaften. Wann welches Gewebe die beste Wahl ist, hängt deshalb vom Verwendungszweck, den Anforderungen und auch den individuellen Vorlieben ab.
In einer Beitragsreihe schauen wir uns die wichtigsten Merkmale von natürlichen und synthetischen Texilfasern an. Dabei haben wir im 1. Teil mit den Naturfasern begonnen.
Jetzt, im 2. Teil, befassen wir uns mit den Vor- und Nachteilen der natürlichen Fasern:
Inhalt
Kritische Entwicklung durch Anpassungen
Aus natürlichen Fasern entstehen hochwertige Stoffe mit einem angenehmen Tragegefühl. Doch die hohe Nachfrage machte es notwendig, die Produktion zu industrialisieren. Wolle und Baumwolle entsprechen heute nicht mehr den Fasern, die unsere Vorfahren in der Frühzeit verwendeten.
Um Naturfasern bequemer nutzen zu können und höhere Erträge zu erzielen, wurden die Quellen durch entsprechende Züchtungen an die Bedürfnisse angepasst. So haben Wollschafe inzwischen praktisch kein Deckhaar mehr.
Stattdessen tragen sie nur noch das weiche Fell, das ursprünglich das Unterfell bildete. Weil kein saisonaler Fellwechsel mehr stattfindet, müssen die Schafe geschoren werden. In der Wildnis könnten heutige Wollschafe deshalb nicht mehr leben.
Denn ihr Fell würde sich im Laufe der Zeit zu schweren Filzplatten verwandeln und die Tiere massiv behindern.
Bei modernen Baumwoll-Züchtungen ist der Unterschied zur Naturform nicht so einfach zu erkennen. Doch hier ist ein Problem, dass die biologische Vielfalt der Pflanzen drastisch abnimmt.
Das liegt daran, dass für den Anbau nur vier Baumwollsorten von Bedeutung sind. Hinzu kommt, dass auf zwei Dritteln der weltweiten Anbaufläche transgene Baumwollpflanzen kultiviert werden, die resistenter gegenüber Schädlingen sind.
Hoher Ressourcenverbrauch
Jedes Jahr werden weltweit mehr als zwei Millionen Tonnen Wolle produziert. Dafür sind große Herden von Wollschafen notwendig. Die Tiere brauchen nicht nur viel Platz und reichlich Pflanzenfutter, sondern setzen auch jede Menge Methan frei. Dieses Gas soll 25-mal klimaschädlicher sein als Kohlendioxid. Wissenschaftler gehen davon aus, dass 15 Prozent der Erderwärmung aufs Konto der globalen Nutztierhaltung gehen.
Doch ist das wirklich ein Argument gegen Pullover, Socken und andere Textilien aus Wolle?
Für Wollkleidung spricht die hohe Qualität. Wenn wir ein hochwertiges Kleidungsstück jahrelang tragen, sparen wir dadurch womöglich mehrere andere Stücke ein, die preiswert unter fragwürdigen und klimaschädlicheren Bedingungen hergestellt wurden. Letztlich ist das Ganze also immer auch eine Abwägungssache.
Die großen Baumwollplantagen stehen ebenfalls in der Kritik von Umweltschützern. Denn sie benötigen viel Wasser und die Produzenten arbeiten oft mit reichlich Pestiziden. Weltweit machen Baumwollfelder nur etwa 2,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen aus, verbrauchen aber rund 16 Prozent der Insektizide.
Unserer eigenen Gesundheit und dem Wohl der Umwelt zuliebe sollten wir uns für Textilien aus biologisch angebauter Baumwolle entscheiden. Solche Kleidungsstücke sind zwar etwas teurer, bieten aber eine Qualität, die eine längere Nutzung ermöglicht und damit zu einer nachhaltigen Wirtschaft beiträgt.
Eine überlegenswerte Alternative kann außerdem Kleidung aus regionalen Naturfasern wie Flachs oder Hanf sein. Die Hanfpflanze zum Beispiel kann innerhalb von drei Monaten bis zu vier Meter hoch wachsen und ermöglicht dadurch hohe Erträge bei geringem Pflegeaufwand.
Unerreichter Tragekomfort
Dass weißer Baumwollstoff vor UV-Strahlung und Hitze schützt, während dichtes Wollgewebe bei frostigen Temperaturen schön warm hält, ist weithin bekannt. Weniger bekannt hingegen ist, dass sich feine Wollgewebe auch sehr gut für den Sommer eignen.
Denn die nehmen den Schweiß auf, ohne sich unangenehm feucht anzufühlen. Zudem nehmen Wolle und auch Seide Schmutz und Gerüche nur schlecht an. Deshalb müssen solche Textilien nur selten gewaschen werden. Oft reicht es aus, sie ordentlich auszulüften.
Baumwolle und Leinen eignen sich für Textilien, die viel strapaziert werden und regelmäßig bei hohen Temperaturen gewaschen werden müssen.
Selbst bei einer hohen Beanspruchung halten beide Pflanzenfasern lange durch. Aus diesem Grund finden sich hochwertige Teile oft auch im Secondhandshop.
Mitunter anspruchsvolle Pflege
Vor allem Wolle und Seide vertragen als Proteinfasern nicht jede Art der Wäsche. Hohe Temperaturen und Waschmittel, die Enzyme enthalten, sind keine gute Idee. Denn sie führen dazu, dass die Fasern einlaufen oder rau werden.
Die meisten Waschmaschinen haben aber Wollwaschprogramme, die die Kleidungsstücke schonend mit kalten Wasser reinigen.
Gehen die Textilien irgendwann kaputt, lassen sich natürliche Fasern vergleichsweise einfach zu neuem Gewebe recyceln. Wirklich notwendig ist dieser Aufwand aber nicht unbedingt. Denn Naturfasern sind vollständig biologisch abbaubar.
Synthetische Fasern als Alternative?
Bei der Herstellung von Kunstfasern wird im Prinzip die natürliche Produktion von Seide imitiert. Der Unterschied besteht darin, dass kein natürliches Sekret von einem Falter versponnen, sondern stattdessen ein künstlicher, flüssiger Kunststoff durch Spinndüsen gepresst wird.
Auf diese Weise entsteht ein Endlosfaden, der sich direkt weiterverarbeiten lässt.
Die glatte und glänzende Oberfläche der Kunstfaser brachte ihr nach ihrer Erfindung im Jahr 1885 den Beinamen „Kunstseide“ ein. Inzwischen können synthetische Fasern aber mit den unterschiedlichsten Oberflächenstrukturen hergestellt werden.
Wird der Endlosfaden zum Beispiel in kurze Stücke geschnitten und anschließend ähnlich wie Wolle versponnen, ergibt sich ein weiches und flauschiges Garn. Welche synthetischen Texilfasern es gibt und welche Merkmale sie auszeichnen, schauen wir uns im 3. Teil an.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Die wichtigsten Merkmale von natürlichen und synthetischen Textilfasern, 1. Teil
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- Eigenschaften und Pflege von Kunstseide, 2. Teil
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Thema: Die wichtigsten Merkmale von natürlichen und synthetischen Textilfasern, 2. Teil
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